Perchta - D'Muata

Veröffentlicht am 13. Juli 2024 um 21:01

Der Name Perchta ist schon lange nicht mehr aus dem Repertoire meiner Lieblingsbands wegzudenken. Darum habe ich der Veröffentlichung ihres neuen Albums »D'Muata« schon sehr ungeduldig entgegengefiebert. Der Grund, warum mein Review dann doch so spät kommt ist, dass es mir zeitlich nicht früher möglich war, dem Album die Aufmerksamkeit, die es auch verdient hat, zu schenken.

 

Aber nun genug Persönliches. Mit ihrer neuen Erscheinung vom 14. 06. 2024, die sich rund um die Frauheit dreht, hat es Perchta mal wieder geschafft, Althergebrachtes mit neuen progressiven Klängen so zu verbinden, das diese spezielle Stimmung in einem hervorgerufen wird. Wer den Film »Herbstmilch« mit der Musik von Enjott Schneider kennt, wird sicher verstehen, was ich damit meine. 

 

Mit dem ersten Titel »Von Verlanga« der auch die erste Singleauskopplung des Albums war, geht es gleich so richtig ans Eingemachte. Damit meine ich nicht nur das Video, das so scharf ist, dass die unzensierte Version nur auf XVideos erscheinen konnte. Der Umgang mit dem Verlangen, das nun mal jeder von uns hat, wird darin so geschildert, als ob es damals nur im Dunkeln, hinter verschlossenen Türen stattgefunden hat. So weit liegt dieses Szenario aber noch nicht zurück. Es ist doch heute noch so, dass Frauen, die mit ihrem Verlangen genauso offen wie wir Männer umgehen, immer noch kritisch beäugt und von vielen als unrein angesehen werden. Ein notwendiges Thema, das in einer sehr malerischen Kulisse einer alten Berghütte, im Schein des Kaminfeuers, im Video dargestellt wird. Aber auch musikalisch holt einen dieser Titel mit dramatischen Hackbrettmelodien von erstem Schlag an ab. Die verzweifelten Screamings der Sängerin Julia, die danach flehen, sich ohne verurteilt zu werden als Frau fühlen zu dürfen, verleihen der Wichtigkeit des Themas Nachdruck und lassen einem am eigenen Leib erfahren, wie es wohl sein muss, so eingesperrt zu sein. Aber auch die Erlösung von diesen Qualen wird im Schlusspart sehr eindrucksvoll geschildert. Die harten, tiefen sehr basslastigen Riffs weichen und nehmen den Druck aus der Melodie. Beinahe engelsgleiche Hackbrettmelodien verbreiten nach einem Höhepunkt im Titel, der auch einen solchen darstellen soll, Erleichterung und lassen den inneren Frieden, wie man es aus einer solchen Situation kennt, wieder zurückkehren.

 

 

 

Dieser Frieden verweilt aber nicht allzu lange. Im zweiten Titel »Ois wås ma san« packt die Dramatik direkt zu. Schnelle atmosphärische Blackmetalriffs bei denen das Schlagzeug doch sehr dominant auf einen einhämmert, durchwachsen vom Hackbrett, das hier immer noch präsent ist, aber durch Perchtas Verzweiflungsbekundungen etwas in den Hintergrund gerät. Sie schmücken den harten, doch sehr meditativen Melodienfluss nur mehr aus und erhalten das Flair von damals in dem Titel. Eine Kampfansage an die Männlichkeit, die bei Weitem nicht mehr so unterwürfig wie im ersten Track klingt, bestimmt diesen Song. Ein Aufruf an all die geplagten Seelen, nicht aufzugeben.

 

Biagts ins, brechts ins, schlågts ins blau.

Låssts ins fålln, mir stean wieder auf!!!

Unterstrichen von einem Frauenchor, der mit sanften Gesängen trotzdem eine bedrohliche Atmosphäre schafft. Diese ganz besondere Stimmung sagt, ab jetzt ist Schluss mit der Unterdrückung … Genug ist genug. Die Verzweiflung in der Stimme von Perchta tauscht seinen Platz mit blankem Hass. Dieser Part ist kaum zu überhören und das ist mit Sicherheit auch so gewollt. Denn die Botschaft, die sie überbringt, ist essenziell wichtig und soll auch wahrgenommen werden. Frauen sind zum Kampf aufgefordert und der Feind soll merken, wie ernst es ihnen mit dieser Geschichte ist. So zerbrechlich wie die Weiblichkeit auch wirken mag, so beständig und stark ist sie auch. Diesem Statement verleiht ein ruhiger Part noch einmal die Möglichkeit zu sagen, dass es auch ohne Kampf gehen sollte, aber es gibt viele, die das so nicht hinnehmen.

 

»Heiligs Bluat« ein sehr melancholischer Titel. Eine Omage an die Macht der Fraulichkeit, die für sich spricht. Das Augenmerk liegt hier auf dem Text, der von zarten, eher verhaltenen Tönen untermalt und getragen wird. 

 

Er ist die perfekte Einleitung zum nächsten Titel »Hebamm«. Die zweite Singleauskopplung des Albums sollte den Meisten schon bekannt sein. Dieser Titel ist der Beweis, dass Perchta nicht nur in der rauen Welt der Töne ein Zuhause gefunden hat, sondern sich auch in melodischen sanften Teilen sehr wohlfühlt und dieses sehr eindrucksvoll darbieten kann. All der Schmerz, der in den vorhergegangenen Titeln stets präsent war, ist nun vergessen. Es baut sich eine behagliche Stimmung auf. Diese Behaglichkeit lässt aber nicht vergessen, dass das Leben auch stets mit dem Bösen in Berührung kommen kann. 

 

Vor diesen bösen Energien beschützt uns »D'Muata« wie die liebenden Arme einer Mutter nimmt einen dieser Titel mit sanfter hauchender Stimme an sich. Plötzlich hereinbrechende blackmetalische fließende Riffs leiten den Kampf, den »D'Muata« für uns führt, damit es uns an nichts fehlt, ein. Musikalisch ist der Titel sicher einer der stärksten. Doch einen Favoriten aus dem Album auszuwählen, möchte ich mir bei all den tollen Stücken nicht anmaßen.

 

»Wehenkanon« ist ein Titel, den Perchta nach eigenen Aussagen aus einer alten Schublade ausgegraben haben. Geschrieben haben sie den Titel bereits in ihrer Anfangszeit. Was man auch am Stil etwas erkennen kann. Und doch fügt er sich perfekt in die Symbiose des Albums ein. Er zeichnet sich durch seine ruhige Progressivität aus und will uns wahrscheinlich näherbringen, dass Schmerz nicht immer etwas Schlechtes hervorbringen muss. Salopp gesagt verweist die Band darauf, dass auch wenn es gerade weh tut, alles in Ordnung ist. Im Falle der Thematik des Albums wird darin wohl die Schönheit der Geburt beschrieben und dass es sich auch oft lohnt weiterzumachen, obwohl wir gerade alles andere als in unserer Komfortzone sind.

»Wehenkanon« ist im Großen und Ganzen schwer in Worte zu fassen. Diesen Song muss man hören und fühlen.

 

 

 

»Ausbruch« ist mit Sicherheit der kontroverseste Part auf dem Album, der jedoch nicht fehlen darf. Er schafft genau die richtige Stimmung für den nächsten Titel »Langtuttin und Stampa« der einer Sage von einer hängebrüstigen Frau, die Kinder verfolgt, um sie von einer Ihren Brüste kosten zu lassen, entspringt. Aus einer floss Milch und aus der anderen Eiter. Die Begegnungen mit der Langtuttin endeten für ihre Opfer aber oft tödlich. Nicht weniger angsteinflößend ist die Sage der Stampa. Eine weibliche Gestalt mit Pferdekopf, die Neugeborene aus dem Kinderbett oder aus den Händen ihrer Mütter, wenn sie alleine waren, entführt hat. In diesem Titel herrscht wieder eine bedrohliche Stimmung, da er aus der Sicht der zwei Übeltäterinnen erzählt. Die Kontroversen zwischen althergebrachten bedrohlichen Klängen und düsteren Blackmetaleinwürfen zeichnen diesen Titel aus. Ich sitze hier gerade im Dunkeln, schreibe dieses Review und mir läuft es kalt den Rücken herunter. Es ist, als würde man das Böse dieser Sagengestalten am eigenen Leib spüren und ihr kalter Atem liegt einem direkt im Nacken. 

 

 

 

Etwas liebevoller wird es dann zum Schluss mit »Mei Danä Mei Bua« Dabei geht es wieder um eine Sagengestalt, nämlich um die Perchta, die auch der Band den Namen gegeben hat. Sie gibt der ungetauften Seele eines Kindes einen Platz im Himmel. Auch wenn sie sonst eher den Ruf einer Richterin, die die Bösen und Faulen bestraft, aber die Fleißigen und Guten mit Spindeln aus Gold belohnt, hat. Bei dem letzten Titel fühlt man sich trotz des traurigen Hintergrunds einfach aufgehoben. Auch wenn die Stimmung sehr düster ist, fühlt man sich angekommen. Trauer und Glückseligkeit Hand in Hand geschildert von sanften Gesängen, untermalt vom Hackbrett gemischt mit drohenden Screamings unterlegt mit dominantem Bass. Ein besseres Finale hätte dieses großartige Album nicht haben können.

 

 

 

>>D'Muata<< von Perchta ein Album mit dem ich mich in den letzten Tagen intensiv auseinandergesetzt habe und durch die verschiedensten Emotionen getragen wurde. Die Musik von 'Perchta berührt nicht nur durch ihre Tiefsinnigen Texte sondern auch durch ihre Facettenreiche Musik, die einen immer wieder in den Bann zieht und überrascht. Ich glaube ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster wenn ich sage, dass dieses Album mit Sicherheit eines der Top-Alben 2024 ist. Perchta hat es geschafft ein Stück Heimat mit der Musik meines Herzens verschmelzen zu lassen. Nach ihrem ersten Album >>Ufang<< habe ich  ja einiges erwartet, aber auf das war ich ehrlich gesagt nicht vorbereitet. Aber auch die Thematik die das Album behandelt hat mich schon sehr zum nachdenken angeregt. 

 

 

 

Vielleicht konnte mein Review auch dich auf den Geschmack bringen. Von mir bekommt das Album 9 / 10 Punkten.

 

 

 

In diesem Sinne 

 

 

 

Cheerz

 

 

 

Der Baer 🤘🏻🐻🤘🏻

 

 

Bandcamp:

https://perchta-official.bandcamp.com/album/d-muata 

YouTube:

https://youtu.be/qKmKRzGl9WU?si=IAZlLmS95UaYJLIl

 

https://youtu.be/qj8kCzcrIyA?si=UgVx9US4Nkg1UwVm

 


Du willst nichts mehr verpassen? Dann folge mir auf

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.